Auf dem abgebildeten Foto mag zunächst ein ‚gewöhnlicher‘ Ackerboden zu erkennen sein. Recht unspektakulär, etwas matschig und erdig. Doch das vermeintlich Unspektakuläre und ‚Normale‘ bezeichnet der Landwirt Moritz Breitenfellner als sein wichtigstes Gut: 

„Wir Landwirte […], wir leben von unserem Boden. Das ist unser Kapital.“[1]

Schaut man genauer hin, ist auf dem Foto ein vielschichtiges Bodenleben zu erkennen. Zwischen Erde und Maisrückständen sind unter anderem Trauben- und Kürbiskerne zu finden. Ein buntes Spektrum an abgepresstem Biogassubstrat – Restprodukte einer Biogasanlage.

Düngerwandel durch Wissenstransformation

Auf dem Hof Breitenfellner, auf welchem Moritz Breitenfellner zu einem der drei Geschäftsführer gehört, wurde der Boden der Ackerflächen früher mit Mineraldünger genährt. Ein Produkt, welches durch seine schnelle Wirkgeschwindigkeit sowie seine konzentrierte Zusammensetzung mit hohem Nährstoffgehalt lange Zeit als Wundermittel galt.2 Heute steht es jedoch immer häufiger in der Kritik. Grund dafür sind neben ökologischen Ansätzen wie der Nutzung endlicher Produkte oder der hohe Energieaufwand, der für die Herstellung notwendig ist, auch praktische Aspekte. Durch das Umgehen des natürlichen Bodenkreislaufes kann es zu einem chemischen Ungleichgewicht kommen und eine Verschlechterung vieler Bodeneigenschaften mit sich bringen.

Vor einigen Jahren fand auf dem Hof Breitenfellner der Wandel zu organischem Dünger statt. Rückstände der Ernte oder der Nahrungsmittelindustrie sowie Marktabfälle werden dabei an nahegelegene Biogasanlagen verfüttert und das vergärte Restprodukt anschließend in flüssiger oder fester Form auf den Äckern ausgestreut. Dieser organische Dünger bringt neben den Hauptnährstoffgruppen Stickstoff, Phosphor und Kalium auch weitere Mikronährstoffe in den Boden zurück und sorgt somit für ein intaktes Bodenleben.3 „Was kann ich am besten aus meinem Boden rausholen, sodass es ihm gut geht“4, erklärt Moritz Breitenfellner die Motivation hinter diesem Wandel. Eine Kreislaufwirtschaft entsteht, welche vorhandene Rohstoffe, die täglich produziert werden, nutzt und ihnen eine neue Bedeutung zuschreibt. Eine Arbeitsweise, welche innerhalb der Politik als Sinnbild für bioökonomisches Wirtschaften steht.

Bioökonomisches Wirtschaften durch Pragmatismus

Moritz Breitenfellner als Akteur innerhalb dieses Kreislaufs distanziert sich jedoch von einer politisch verankerten Motivation und dem Anspruch, bioökonomische Landwirtschaft zu betreiben. Im Fokus seiner Arbeitsweise steht das Wohlbefinden seines Bodens, angetrieben durch einen pragmatischen und finanziellen Zusammenhang. Durch die regionale Herstellung des organischen Düngers in nahegelegenen Biogasanlagen, ist die Produktion und dadurch die Nutzung für den Hof Breitenfellner billiger.5 „Wenn es natürlich teurer ist wie der Mineraldünger zum Einkaufen, dann wird es natürlich uninteressant“6, sagt Moritz Breitenfellner innerhalb unseres Interviews. Zusätzlich werden dem Boden durch das organische Düngen Nährstoffe gegeben, welche man ihm teilweise durch die vorherige Ernte genommen hat. Dies ist hilfreich für die Bodenlebewesen und hat im Laufe der letzten Jahre zu einer erheblich besseren Bodenqualität auf seinem Hof geführt. Als Landwirt bezeichnet Moritz Breitenfellner den Boden als sein Kapital, durch welches er seine Mitarbeiter:innen, seine Familie und sich finanziert und ernährt: „Besserer Boden bedeutet für uns mehr Ertrag“7.

1 Interview mit Moritz Breitenfellner vom 17.11.2022.
2 Vgl. Plantura: Mineralischer Dünger. Online verfügbar unter: https://www.plantura.garden/gartenpraxis/duenger/mineralischer-duenger (Stand: 21.04.2023).
3 Vgl. Interview mit Moritz Breitenfellner vom 17.11.2022.
4 Interview mit Moritz Breitenfellner vom 17.11.2022.
5 Vgl. Interview mit Moritz Breitenfellner vom 17.11.2022.
6 Interview mit Moritz Breitenfellner vom 17.11.2022.
7 Interview mit Moritz Breitenfellner vom 17.11.2022.

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Was passiert im landwirtschaftlichen Alltag, wenn nicht mehr primär das Ökonomische, sondern auch das Ökologische zum Bezugspunkt der Praktiken wird? Oder ist die Auseinandersetzung mit ‚Natur‘ – etwa Pflanzen und Tieren – der Landwirtschaft sowieso inhärent? Landwirt:innen stehen in einem relationalen Verhältnis zu der sie umgebenden Umwelt: Das Sorgetragen für neu wachsende Fichten und Tannen sichert den eigenen wirtschaftlichen Ertrag, die stofflich nicht direkt verwertbare Haselnussplantage stabilisiert die Biodiversität und gibt Nährstoffe an den bewirtschafteten Ackerboden zurück. Die Vorstellung einer vermeintlichen Trennung von Mensch und Umwelt, von Kultur und Natur scheint hier aufgehoben.

Wissen durchzieht stetig landwirtschaftliche Arbeit und Alltage: Es geht um das Wissen über Zusammenhänge im Betriebsablauf, über Wachstumszeiten der Pflanzen, klimatische Bedingungen oder auch um das Wissen über das weitere Potential von Rohstoffen und Abfallprodukten. Wissen kann über Generationen hinweg weitergegeben oder muss erst angeeignet werden – insbesondere, wenn Innovationen in den landwirtschaftlichen Alltag integriert werden.

Breitenfellner-Hof

Der Hof Breitenfellner in Kandern, Südbaden, ist ein Familienbetrieb, der sich auf landwirtschaftliche Dienstleistungen spezialisiert hat. Als landwirtschaftliches Lohnunternehmen bietet der Hof unter anderem Dienstleistungen wie Pflügen, Saatbettbereitung, Aussaat und Ernte an. Gleichzeitig betreibt der Hof einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb und konzentriert sich dabei auf den Anbau von Körnern und Weizen.

Eine Besonderheit des Hofes Breitenfellner ist die Entwicklung des eigenen organischen Düngers. Hierbei handelt es sich um eine innovative und nachhaltige Lösung, um nicht nur die Qualität der Produkte zu verbessert, sondern auch die Umwelt zu schonen.