Zukunft ist ein schillernder Begriff: Für die einen ist die Zukunft ein gestaltbarer, mit Hoffnungen versehener Raum, auf den man aktiv einwirken kann. Für die anderen ist er mit Ängsten verbunden, weil etwa der Klimawandel oder globale Krisen die Menschheit insgesamt bedrohen. Kaum jemanden dürfte die Frage nach der Zukunft indifferent lassen. Sie ist umstrittener Gegenstand im politischen Diskurs oder wirkungsvolles und Affekte erzeugendes Objekt der Populärkultur und Gegenstand populärer Unterhaltung. Vorstellungen der Zukunft prägen Alltags- und Lebenswelten im Kleinen und legitimieren politisches oder ökonomisches Handeln im Großen. Die Zukunft wird in vielfacher Weise vorhergesagt und antizipiert, sie wird mit wissenschaftlichen Methoden modelliert und wird mit machtvollen Effekten imaginiert.

Wie machen sich Menschen in unterschiedlichen Kontexten ein Bild von ihrer Zukunft? Was sagt das über die Gegenwart aus? Wo spielen Zukunftsentwürfe überall eine Rolle, wie entstehen und wirken sie? Wie planen und antizipieren Menschen das Kommende? Mit diesen und weiteren Fragen setzen sich Studierende des Freiburger Masterstudiengangs „Kulturanthropologie europäischer Gesellschaften“ auseinander und entfalten in 22 Beiträgen ein kulturwissenschaftliches Panorama komplexer Zukunftsentwürfe in unseren Alltags- und Lebenswelten.

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Zukunftsentwürfe.
Ein kulturwissenschaftliches Panorama

Markus Tauschek (Hg.), 2023

erschienen in den Freiburger Studien zur Kulturanthropologie

184 Seiten, broschiert, durchgehend vierfarbig

29,90 €

ISBN 978-3-8309-4685-4

Über uns

Dieses Magazin entstand zwischen 2021 und 2022 im Rahmen eines forschungsorientierten Studienprojekts am Freiburger Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie. Wir – das sind sieben Masterstudierende und Prof. Dr. Markus Tauschek. Um hier ein kulturwissenschaftliches Panorama von Zukunft aufzuzeichnen, wie es der Titel des Magazins verspricht, näherten wir uns dem Thema Zukunft von ganz verschiedenen Blickwinkeln – die Vielfalt unserer Interessenschwerpunkte und der möglichen Forschungsfelder in der Kulturanthropologie sind hier abgebildet.

Ganz bewusst haben wir uns zudem für das Format des Magazins mit kurzen Texten sowie bunten Illustrationen entschieden. Unsere wissenschaftliche Forschung wollen wir für ein möglichst breites und auch nicht-wissenschaftliches Publikum ansprechend gestalten und somit zu einer Öffentlichmachung von kulturanthropologischer und vor allem studentischer Forschung beitragen.

Studierende: Sabrina Bächle, Thomas Bednorz, Julia Henriette Erdrich, Isabel Gana Dresen, Ann-Kristin Reinkenhoff, Nadine Schrödl, Julia Tohidi Sardasht

Dozent: Prof. Dr. Markus Tauschek (Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Grafic Design: Sonja Koskowski, grafikwerkstatt freiburg

Web-Auftritt: Julia Tohidi Sardasht

Wir danken:

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Es steht in den Sternen geschrieben… Wie Horoskope zukünftige Handlungen beeinflussen

Horoskope sind in Zeitschriften, im Fernsehen und heutzutage auch in Apps zu finden. Viele Menschen lesen ihr tägliches Horoskop zum Spaß; andere nehmen die Botschaften zu ihrer Zukunft ernst. Unabhängig von einer Wertung dieses Verhaltens befasst sich dieser Beitrag mit der Frage, wie Horoskope Entscheidungsfindungen und zukünftige Handlungen ihrer Lesenden beeinflussen. Aufbauend auf eine historische, populärkulturelle, linguistische und psychologische Betrachtung von Horoskopen, diskutiert der Text, wie Nutzer*innen der Horoskop-App Co-Star ihre Zukunftsgestaltung durch die Lektüre der Horoskope beeinflussen lassen. Eine anonyme Umfrage mit offenen und geschlossenen Fragen unter 28 App-Nutzer*innen hat drei Nutzungstypen der Horoskop-Botschaften identifiziert: Das selektive Lesen, das normative Verständnis und die Rezeption als Potentialität. Die Ambivalenz von Horoskopen zwischen Spaß und Ernst hervorhebend interpretiert der Text die Auseinandersetzung mit Horoskopen als Alltagspraxis und betont die partizipative Natur von Horoskop-Apps.

Tohidi Sardasht, Julia: Es steht in den Sternen geschrieben… Wie Horoskope zukünftige Handlungen beeinflussen. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 8–17.

Die zwölf Tierkreiszeichen, die die Grundlage für viele Horoskope bilden. Bildnachweis auf Kachel: AveCalvar/photocase.de
Foto: Isabel Gana Dresen

Julia Tohidi Sardasht

studierte am Leiden University College den interdisziplinären Studiengang Human Diversity. Sie verfasste ihre Bachelorarbeit zu Identitätskonstruktionen von Menschen mit Migrationshintergrund im heutigen Deutschland. Weitere Interessensschwerpunkte ihrer Forschung sind Geschlecht und Identität, Stadtentwicklung und archivalische Praktiken. Sie publizierte während ihres Bachelors zu Fluidität und Liminalität von Geschlecht.

Weitere Beiträge von Julia Tohidi Sardasht in diesem Band zu erreichen (per Klick auf den Titel):

Mit Kalendern Zukunft planen


„Dass ein Gegenstand wie der Kalender Zukunft in unserem Alltag erfahrbar und strukturierbar macht, liegt auf der Hand. […] Die Praktik des Planens ermöglicht es Menschen ihre Tätigkeiten und Ressourcen zu koordinieren und so ein gesetztes Ziel in einem vordefinierten Zeitrahmen zu erreichen (vgl. Obertreis 2019: 215). Durch diese Praktik können Akteur*innen ihre Zukunftsvorstellungen strukturieren und gezielt ihre Ressourcen so verteilen, dass sie ihr gewünschtes Ziel in der Zukunft erreichen.“

Der Kalender ist ein Objekt, das viele Menschen im Alltag begleitet. Mit ihm lassen sich Termine koordinieren, Aufgaben strukturieren und der Überblick behalten. Kurzum: mit Kalendern lässt sich Zukunft planen – ob papierbasiert oder in digitalen Varianten. Zeit, so beschreibt es die Soziologin Judy Wajcman, wird in der Nutzung von Kalendern als endliche Ressource betrachtet, welche man bloß nicht verschwenden sollte. Das Objekt Kalender bietet viele Perspektiven für eine kulturwissenschaftliche Analyse. So kann er zum einen als Zukunftsding betrachtet werden und Aufschluss darüber geben, wie Menschen ihre Zukunft planen und entwerfen und welche Zwänge sich dabei manifestieren. Die Nutzungen eines Kalenders und die vielen Ratgeber*innen zur vermeintlich richtigen Führung deuten darauf hin, wie Akteur*innen Zeit verstehen und diese Ressource möglichst effektiv nutzen möchten. Und auch die Form des Kalenders bietet Möglichkeiten zur kulturwissenschaftlichen Analyse. Neben der persönlichen Planung der eigenen Zukunft im privaten Kalender bieten gerade digitale Kalenderfunktionen zum Beispiel in Microsoft Teams die Option, gemeinsam zu planen. Gerade am Arbeitsplatz sind diese Kalender sehr beliebt, denn so können auch andere sehen, wann man bspw. Zeit für ein Meeting hat. Der Vorteil eines digitalen Kalenders wird in dieser Argumentation darin gesehen, dass er ein Gemeinschaftsobjekt sein kann. So wird der Akt der Zukunftsplanung ein kollektiver und die eigene Zukunft wird aktiv von anderen mitgeplant.

Gana Dresen, Isabel: Mit Kalendern Zukunft planen. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 18–19.

Literaturnachweis im Zitat oben: Obertreis, Julia (2019): Planning. In: Paul, Heike (Hg.): Critical Terms in Futures Studies. Cham: 215–219.

Foto: Ann-Kristin Reinkenhof

Isabel Gana Dresen

studierte im Bachelor an der Universität Freiburg Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Politikwissenschaften. In ihrer Bachelorarbeit analysierte sie ein Gerichtsverfahren hinsichtlich der Aushandlungsprozesse von Landrechten der Sámi in Schweden. Politische Anthropologie und Rechtsanthropologie beschäftigen sie auch in ihrem Masterstudium. Diese Interessen verfolgt sie unter anderem in ihrem Text zu Atomwaffen und verpackt ihre Kritik an der Gesamtsituation stets in einem charmanten Lachen. Während ihres Bachlorstudiums war sie an der Publikation „SIGHTSEEING | SIGHTFLEEING: Experimente ethnografischer Tourismusforschung“ maßgeblich mitbeteiligt.

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Planen des Unplanbaren – Zukunftspraktiken im Menstruationszyklus


„Der Menstruationszyklus ist nicht nur ein intimes Thema von Körperlichkeit menstruierender Personen, sondern ein Zukunftsthema in aktiver wie passiver Form, das die gesamte Gesellschaft betrifft.

Kein Mülleimer zum Entsorgen von blutigen Menstruationsprodukten, die durchgeblutete Unterhose, Blutflecken auf dem Bettlaken, Menstruationsschmerzen, aber keine Schmerztablette – diese Liste lässt sich ganz individuell weiterführen. Menstruation braucht Planung, wenn solche Szenarien vermieden werden sollen. Planen bildet neben Praktiken der Prävention, des Erwartens oder des Prognostizierens nur eine Zukunftspraktik, die sich im Alltag von menstruierenden Personen wiederfindet. Das Nutzen von Menstruationsprodukten impliziert beispielsweise bereits Zukunftspraktiken: Es soll für die nächsten zwei bis acht Stunden sichergestellt werden, dass Blut und Endometriumsgewebe aufgefangen werden, sodass Kleidungsstücke nicht frühzeitig gewaschen oder gewechselt werden müssen und, dass die gesellschaftlich akzeptierte und erwartete – in dem Fall ‚saubere‘ – Teilhabe am Sozial- und Arbeitsleben gewährleistet werden kann. Diese und diverse weitere Zukunftspraktiken ergaben sich aus Erzählungen in zehn Interviews mit menstruierenden Personen. So ist der Menstruationszyklus durch verschiedene Hilfsmittel zwar prognostizierbarer geworden, aber verlässlich planbar und kontrollierbar wird er damit nicht.

Reinkenhoff, Ann-Kristin: Planen des Unplanbaren – Zukunftspraktiken im Menstruationszyklus. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsperspektiven. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 20–35.

HOW WE BLEED – Eine dokumentarisches Fotoprojekt über Menstruation (2021). Bildnachweis: Franziska Lange, HOW WE BLEED
Foto: Isabel Gana Dresen

Ann-Kristin Reinkenhoff

ist die Textilerin der Gruppe. Ihre Vintage-Outfits plant sie fast so gerne wie die Zukunft und dank ihrem Kalender hat sie immer den Überblick. Im Bachelor studierte sie an der TU Dortmund Kultur- und Literaturwissenschaft, Kulturanthropologie des Textilen und Geschichtswissenschaften sowie an der Universität Oldenburg Materielle Kultur: Textil. Ihre Bachelorarbeit drehte sich um textile Kreislaufwirtschaft und die Altkleidersammlung per Paket.

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Feminist Futures

Auch im Jahr 2022 prägen patriarchale Strukturen unser Zusammenleben, in denen Männer* eine gesellschaftliche Vorrangstellung haben. Frauen* verdienen etwa für gleiche Arbeit signifikant weniger, sind in einflussreichen Positionen unterrepräsentiert und erfahren mehr körperliche und sexuelle Gewalt. Daraus folgt eine Ungleichverteilung von Kapital und damit auch von Macht. So können Frauen* als weltweit „größte politisch marginalisierte Gruppe unserer Gesellschaft“ (Lunz 2022: 39) bezeichnet werden. Gesellschaft wird in diesem Artikel als Kräftefeld aufgefasst, das der ständigen Aushandlung zwischen Erhaltung und Umgestaltung unterliegt. Daraus folgt, dass auch Zukunftsvorstellungen innerhalb dieser Machtdynamiken ausgehandelt werden und feministische Zukunftsentwürfe dementsprechend zu wenig Beachtung finden. Aus diesem Grund wurden beispielhaft zwei Initiativen betrachtet, die in ganz unterschiedlichen Bereichen dem gesellschaftlichen Ungleichgewicht entgegenwirken wollen: Die Graswurzelbewegung Maria 2.0 innerhalb der katholischen Kirche sowie das Konzept der feministischen Außenpolitik (Feminist Foreign Policy). Welche Zukünfte werden imaginiert und angestrebt? Und wie unterscheiden sich diese vom aktuellen Weltbild?

Bächle, Sabrina: Feminist Futures. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 36–39.

Literaturnachweis im Abstract oben: Lunz, Kristina (2022): Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen. Berlin.

Bildnachweis: Photographs by Andreas Schwarzkopf, CC-BY-SA-4.0
Foto: Isabel Gana Dresen

Sabrina Bächle

studierte an der Evangelischen Hochschule in Freiburg Soziale Arbeit. In ihrer Bachelorarbeit analysierte sie den öffentlichen Diskurs zum Thema Seenotrettung anhand des Falles von Carola Rackete. Mit dem B.A. in der Tasche und dem Beginn der Corona-Pandemie widmete sie sich der botanischen Aufwertung ihrer WG und der permanenten Hautbemalung ihrer Freund*innen. Ein Thema, zu dem sie in Zukunft gerne noch forschen möchte, ist die feministische Dimension von Toiletten, denn Pinkeln ist politisch und würde sich sicher wunderbar kulturanthropologisch betrachten lassen. 

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Zukunft mit oder ohne Atomwaffen?


„Bemerkenswert an all den verschiedenen Perspektiven auf die Debatte um Atomwaffen in Deutschland ist, dass so gut wie alle Akteur*innen eine gemeinsame Zukunftsvorstellung einer friedvollen und am besten atomwaffenfreien Welt teilen, sich ihre Lösungen zur Realisierung dieser Zukunft jedoch unterscheiden.

Zukunft mit oder ohne Atomwaffen? Diese Frage wurde im deutschen Sicherheitsdiskurs und insbesondere vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine neu angestoßen. Sollte Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) beitreten, wie es viele Anti-Atomwaffen Aktivist*innen fordern? Oder sind die in Deutschland stationierten Atomwaffen ein essenzieller Teil der deutschen und NATO-Sicherheitsstruktur, die ohne sie signifikant geschwächt wäre? Die Argumente für oder gegen Atomwaffen in diesem Diskurs sind vielfältig, doch sie alle haben das Ziel einer Zukunft ohne Atomwaffen vor Augen. Kulturwissenschaftlich lassen sich in diesem politischen Diskurs verschiedene Imaginationen von Zukünften analysieren. Beide ‚Seiten‘ der Debatte imaginieren unterschiedliche Lösungen für dieselbe, ebenfalls imaginierte, Zukunftsvorstellung einer atomwaffenfreien Welt. Durch die Praktik des Imaginierens entsteht dieser Zukunftsentwurf erst und wird durch diese zu einer kulturellen Tatsache. Darüber hinaus steht der Diskurs beispielhaft für Handeln in der Krise. Hier zeigt sich exemplarisch, dass gerade in Zeiten, die Akteur*innen als krisenhaft oder unsicher beschreiben, ein kollektiver Drang zu bestehen scheint, etwas für die Zukunft zu verändern.

Gana Dresen, Isabel: Zukunft mit oder ohne Atomwaffen. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 40–49.

Bildnachweis: United States Department of Energy – Public Domain.
Foto: Ann-Kristin Reinkenhof

Isabel Gana Dresen

studierte im Bachelor an der Universität Freiburg Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Politikwissenschaften. In ihrer Bachelorarbeit analysierte sie ein Gerichtsverfahren hinsichtlich der Aushandlungsprozesse von Landrechten der Sámi in Schweden. Politische Anthropologie und Rechtsanthropologie beschäftigen sie auch in ihrem Masterstudium. Diese Interessen verfolgt sie unter anderem in ihrem Text zu Atomwaffen und verpackt ihre Kritik an der Gesamtsituation stets in einem charmanten Lachen. Während ihres Bachlorstudiums war sie an der Publikation „SIGHTSEEING | SIGHTFLEEING: Experimente ethnografischer Tourismusforschung“ maßgeblich mitbeteiligt.

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Auf Nummer sicher gehen. Alltagsdinge der Vorsorge

Regenschirm, Blitzableiter, Fahrradschloss und Fahrradhelm, Rauchmelder: Was haben all diese Dinge gemein? Sie können als Dinge der Vorsorge interpretiert werden. All diese Dinge finden Platz in unserem Alltag, um ein negatives Ereignis in der Zukunft zu verhindern, es abzuwehren oder zu mildern. So sorgt der Fahrradhelm für ein geringeres Verletzungsrisiko bei einem Sturz, der jedoch selbst damit nicht verhindert werden kann. Während einige Handlungen darauf ausgerichtet sind, um etwas zu bezwecken („Um-Zu-Motiv) wird die Intention bei Dingen der Vorsorge zu einem „Damit-Nicht“ – Ziele und Verhinderung sind demnach untrennbar miteinander verschränkt. Einmal bewusst geworden scheinen daher eine Vielzahl an Dingen und damit verbundene Handlungen im Alltag auf die Zukunft ausgerichtet zu sein. Wie Gegenstände zu Dingen der Vorsorge und damit immer auch zu Zukunftsdingen werden, ist eine spannende kulturwissenschaftliche Frage, die auch auf die Gebrauchsweisen im Alltag hindeutet. Was genau macht also ein Ding der Vorsorge aus?

Schrödl, Nadine: Auf Nummer sicher gehen. Alltagsdinge der Vorsorge. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 50–53.

Auf Nummer sicher gehen und vorsichtshalber den Regenschirm einpacken. Bildnachweis: Dietmar Rabich, CC BY-SA 4.0,
Foto: Isabel Gana Dresen

Nadine Schrödl

absolvierte ihren Bachelor im Fach Empirische Kulturwissenschaft/Europäische Ethnologie an der LMU in München. Die Corona-Pandemie inspirierte sie zu ihrer Bachelorarbeit, die sich mit dem Thema Homeschooling in Bezug auf wachsende Ungleichheiten von Schüler*innen befasste. Um immer auf Nummer sicher zu gehen, hat sie meist einen Regenschirm dabei.

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Die Cannabislegalisierung in Deutschland

Mit dem 2021 erstmals konkret in einem Koalitionsvertrag festgehaltenen Vorhaben, Cannabiskonsum zu Genusszwecken zu legalisieren, schuf die Bundesregierung die Basis für einen neuen Weg in der Drogenpolitik. Aus dem entsprechenden Absatz im Koalitionsvertrag geht hervor, dass der Verkauf nur an Erwachsene durch lizenzierte Geschäfte erfolgen soll. Gesetzesentwürfe und -änderungen formulieren Versprechen für die Zukunft. Im Fall der Cannabislegalisierung erhofft sich die Bundesregierung, mit staatlich kontrollierten Abgaben und besserer Aufklärung Suchtprävention, Gesundheits- sowie Jugendschutz zu fördern und dem Trend steigender Konsumierendenzahlen entgegenzuwirken. Bei der Ausgestaltung des entsprechenden Gesetzes müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Zu diesen herrschen teils stark differierende Meinungen vor, und so erzeugt die Aussicht auf eine Cannabislegalisierung unterschiedliche Vorstellungen davon, wie eine solche in Zukunft aussehen wird oder aussehen sollte. Was verrät die Debatte zur geplanten Cannabislegalisierung über Zukunftsvorstellungen und wie wirkt sich die dabei erdachte Zukunft auf Handlungen in der Gegenwart aus?

Bednorz, Thomas: Die Cannabislegalisierung in Deutschland. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 54–65.

Foto: Isabel Gana Dresen

Thomas Bednorz

studierte in Würzburg Europäische Ethnologie und Political & Social Studies. Seine Bachelorarbeit verfasste er zur Rezeption von Politik im Sport durch Fußballfans. Außerhalb der Forschung mag es der schonungslose Optimist laut und bunt, dennoch oder gerade deswegen skandiert er gerne einmal: „No Future!“ In seiner Kindheit glaubte er lange Zeit, eines Tages Naturwissenschaftler zu werden, was sich letztlich als Fehlprognose herausstellte. Sein Ärger darüber hält sich jedoch in Grenzen, denn alles, was ihn fasziniert, lässt sich mindestens genauso gut kulturwissenschaftlich erforschen. 

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Ja, ich will! Das materialisierte Versprechen der Verlobung


„Der Ring als ein mit Sinn versehener Gegenstand wird durch die Zukunftspraktik des Versprechens von einem Alltagsding zu einem persönlichen Zeichen für eine Partner*innenschaft – er wird zu einem Zukunftsding.

Als in der amerikanischen Komödie Bride Wars (2009) durch Zufall eine versteckte kleine türkise Schachtel aus dem Regal fällt und zwischen den Protagonistinnen Emma und Liv auf dem Boden landet, ist beiden sofort klar, was diese weltbekannte Box zu bedeuten hat. Die „Tiffany box“ steht im Film symbolisch für ihren Inhalt und damit für eine bevorstehende Verlobung. Die Verlobungsringe des berühmten amerikanischen Juwelierhauses Tiffany & Co sind ein Sinnbild für das materialisierte Versprechen der Verlobung. Versprechen ermöglichen dabei in der Gegenwart einen stark mit Erwartungen und Plänen aufgeladenen Blick in die Zukunft, welche sich so vergegenwärtigt und beispielsweise eine Hochzeit und Ehe in Aussicht stellt. Eine Garantie für das Eintreten dieses Vorhabens gibt das Versprechen jedoch nicht. Eine Redewendung wie ‚Versprochen ist versprochen und das wird auch nicht gebrochen‘ variiert daher im Verständnis zwischen ernsthafter Verbindlichkeit und einer gängigen Floskel. Die Verlobung als Übergangsritual ist dabei stark an Versprechen geknüpft, welche oft und in verschiedensten Formen materialisiert werden. Doch was zeichnet diese Versprechen aus und worin liegen weitere Zukunftsbezüge?

Reinkenhoff, Ann-Kristin: Ja, ich will! Das materialisierte Versprechen der Verlobung. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 66–69.

Ring des Juwelierunternehmens Tiffany & Co. Bildnachweis: AdrianaGórak CC BY-SA 3.0.
Foto: Isabel Gana Dresen

Ann-Kristin Reinkenhoff

ist die Textilerin der Gruppe. Ihre Vintage-Outfits plant sie fast so gerne wie die Zukunft und dank ihrem Kalender hat sie immer den Überblick. Im Bachelor studierte sie an der TU Dortmund Kultur- und Literaturwissenschaft, Kulturanthropologie des Textilen und Geschichtswissenschaften sowie an der Universität Oldenburg Materielle Kultur: Textil. Ihre Bachelorarbeit drehte sich um textile Kreislaufwirtschaft und die Altkleidersammlung per Paket.

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Werben mit der Zukunft – die Vermarktung von Fleischersatzprodukten

Beim Thema Ernährung spielt Zukunft eine große Rolle. Zum einen geht es alltagsweltlich sehr konkret um die Planung der nächsten Mahlzeiten, aber auch um Vorsorge und Vorratshaltung. Mit zunehmendem Bevölkerungswachstum und insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels steht die Menschheit zum anderen vor der großen Herausforderung der globalen Verteilung von Ressourcen und der damit einhergehenden Ernährungssicherheit. Vermehrt wird dabei die Frage nach der Zukunft der Ernährung gestellt. Welche Produkte und Zutaten stehen nicht mehr oder nur begrenzt zur Verfügung und welche kommen neu hinzu? Bewegungen wie der #veganuary zeigen, dass sich viele Menschen bewusst mit ihrer Ernährung und deren Auswirkungen auf die Zukunft auseinandersetzen. Bei der neujährlichen Challenge, einen Monat auf tierische Produkte zu verzichten, nahmen im Jahr 2022 so viele Menschen in Deutschland teil wie noch nie. Auch Lebensmittelhersteller haben das Thema Zukunft der Ernährung für sich entdeckt – und zwar als Werbeargument. Wie werden durch Lebensmittel wie beispielsweise Fleischersatzprodukte Versprechen, Handlungsmöglichkeiten und ein scheinbarer Einfluss auf die Zukunft vermarktet? Und welche Zukunft wird dabei argumentativ in Stellung gebracht?

Schrödl, Nadine: Werben mit der Zukunft – die Vermarktung von Fleischersatzprodukten. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 70–79.

Sortiment veganer Fleischersatzprodukte in einem Supermarktregal. Bildnachweis: Tischbeinahe – Own work, CC BY-SA 4.0,
Foto: Isabel Gana Dresen

Nadine Schrödl

absolvierte ihren Bachelor im Fach Empirische Kulturwissenschaft/Europäische Ethnologie an der LMU in München. Die Corona-Pandemie inspirierte sie zu ihrer Bachelorarbeit, die sich mit dem Thema Homeschooling in Bezug auf wachsende Ungleichheiten von Schüler*innen befasste. Um immer auf Nummer sicher zu gehen, hat sie meist einen Regenschirm dabei.

Weitere Beiträge von Nadine Schrödl in diesem Band zu erreichen (per Klick auf den Titel):

Nabelschnurblut und das Verprechen einer sicheren Zukunft. Prävention als Zukunftspraktik

Gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse, regelmäßig Sport treiben und die Zahnpflegeroutine beherrschen wir fast im Schlaf. Risikofaktoren werden vermieden, und wer vorbeugt, muss sich im Falle einer Erkrankung keine Vorwürfe machen. Strategien zur Gesundheitsvorsorge, Selbstoptimierung und Schadensabwehr gehören mittlerweile zum Alltag. Prävention als machtvolle, in die Zukunft gerichtete Handlung gilt als wichtiger Aspekt in der individuellen Selbstfürsorge und beinhaltet mehr als die wohlmeinenden Ratschläge in der Apothekenzeitschrift.

Präventives Handeln bekommt bei werdenden Eltern eine neue Dimension, wenn ein Kind unterwegs ist. Es wird vieles unternommen, um auch das eigene Kind in Zukunft vor Risiken, Gefahren und Bedrohungen jeglicher Art zu bewahren. Das Einlagern von Nabelschnurblut eines neugeborenen Kindes soll in diesem Beitrag als Beispiel dienen, um der Frage nachzugehen, womit das Bedürfnis nach Sicherheit zu erklären ist, welches eine auf die Zukunft ausgerichtete Entscheidung in der Gegenwart provoziert.

Inwieweit wird gegenwärtiges präventives Handeln von Zukunftsvorstellungen gelenkt und beeinflusst? Wie erzeugen Firmen, die Nabelschnurblut einlagern und Prävention als Geschäftsmodell erkannt haben, durch fiktive Szenarien ein beunruhigendes Gefühl der Unvorhersehbarkeit und wie üben sie so Handlungsdruck auf potenzielle Kund*innen aus? Hängen Entscheidungen von Imaginationen einer mit Risiken erfüllten Zukunft ab? Welche Versprechen spielen eine Rolle und was wird unternommen, um Risiken zu minimieren?

Erdrich, Julia Henriette: Nabelschnurblut und das Versprechen einer sicheren Zukunft. Prävention als Zukunftspraktik. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 80–91.

Blutbeutel

Bildnachweis: ICS International GmbH Identcode-Systeme GmbH, CC BY-SA 3.0 de.
Foto: Isabel Gana Dresen

Julia Henriette Erdich

studierte von 2018­–2021 im Bachelor Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Katholisch-Theologische Studien an der Universität in Freiburg. Ihre Bachelorarbeit verfasste sie zum Thema „Begonie, Buchs und Bodendecker: Friedhofsgärtner*innen bei der Arbeit­ – eine kulturanthropologische Betrachtung“. Ihre Interessensgebiete umfassen neben der Sepulkralkultur die Bedeutung und Wahrnehmung der monotheistischen Religionen in unserem Alltag sowie die Medizinethik und -anthropologie. Diese Grenz- und Übergangsbereiche, die sich in den Themengebieten Geburt, Sterben und Tod untersuchen lassen, finden sich auch in ihren Texten zu Nabelschnurblut, Testament und Erben wieder.

Weitere Beiträge von Julia Henriette Erdich in diesem Band zu erreichen (per Klick auf den Titel):

Gebaute Zukunft? Die Planstadt

Planstädte, also Städte, die aus dem Nichts am Reißbrett entworfen werden, sind ein Zeugnis dafür, wie Imaginationen von zukünftigem urbanem Leben im Modell oder auf dem gezeichneten Plan greifbar werden – die Zukunft manifestiert sich in diesem Format während der Planung schon in der Gegenwart. Diese Idee der Zukunft beinhaltet häufig konkrete politische Ideale eines besseren Lebens, weswegen die Planstadt explizit nach diesen Vorstellungen entworfen und nicht einem organischen Wachstum überlassen wird. Wie genau aber manifestiert sich politische Ideologie in der geplanten und gebauten Stadt? Aufbauend auf Erkenntnissen aus der Human- und Stadtgeografie sowie der Urbanistik erörtert der Text diese Frage anhand eines Vergleiches verschiedener Planstädte der Moderne. Die Gartenstadt des 19. Jahrhunderts, die Berliner Gropiusstadt und Entwürfe des Architekten Le Corbusier als Beispiele nutzend, argumentiert der Text, dass Planstädte immer Utopien urbanen Lebens unter den Umständen der vorherrschenden politischen Ideologie sind.

Tohidi Sardasht, Julia: Gebaute Zukunft? Die Planstadt. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 92–97.

Ein Hochhaus der Gropiusstadt in Berlin, 2017, gebaut zwischen 1962 und 1975.
Foto: Isabel Gana Dresen

Julia Tohidi Sardasht

studierte am Leiden University College den interdisziplinären Studiengang Human Diversity. Sie verfasste ihre Bachelorarbeit zu Identitätskonstruktionen von Menschen mit Migrationshintergrund im heutigen Deutschland. Weitere Interessensschwerpunkte ihrer Forschung sind Geschlecht und Identität, Stadtentwicklung und archivalische Praktiken. Sie publizierte während ihres Bachelors zu Fluidität und Liminalität von Geschlecht.

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Tarotkarten. Blick in die Zukunft?

Tarot als populärkulturelle Praxis der Vorhersage und Antizipation wird einerseits ironisch belächelt, andererseits ernsthaft praktiziert. Im Kontext der New-Age-Bewegung in den 1970er Jahren etablierte sich die Tarotkarte als Werkzeug der Selbsterkenntnis. Heute begegnet man Tarotkarten in vielfältigen Kontexten – auch als populäres Motiv. So finden sich bspw. in zahlreichen Buchhandlungen Tarotkarten und Begleitliteratur, es gibt Schmuck mit den Kartenmotiven und sogar modisch dienen die Karten als Inspiration für Fashionlabels. Unter den Nutzer*innen von Tarot herrscht mehrheitlich Einigkeit, dass die Karten keine feststehende, unveränderbare Zukunft voraussagen können, und trotzdem nutzen Menschen Tarotkarten mit dem Ziel, vielleicht eben doch etwas über ihre Zukunft zu erfahren. Doch wie können die Karten dafür hilfreich sein? Um mehr über diese Praktik und deren Verknüpfung mit Zukunft zu erfahren, wurden die Ergebnisse aus vier Interviews analysiert, um einen Einblick zu bekommen, wie genau Menschen Tarotkarten als Medium der Zukunftsvorhersage nutzen und was die Akteur*innen daraus individuell für ihre Zukunft ableiten können.

Bächle, Sabrina: Tarotkarten. Ein Blick in die Zukunft? In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 98–109.

Bildnachweis: Sabrina Bächle, eigenes Foto
Foto: Isabel Gana Dresen

Sabrina Bächle

studierte an der Evangelischen Hochschule in Freiburg Soziale Arbeit. In ihrer Bachelorarbeit analysierte sie den öffentlichen Diskurs zum Thema Seenotrettung anhand des Falles von Carola Rackete. Mit dem B.A. in der Tasche und dem Beginn der Corona-Pandemie widmete sie sich der botanischen Aufwertung ihrer WG und der permanenten Hautbemalung ihrer Freund*innen. Ein Thema, zu dem sie in Zukunft gerne noch forschen möchte, ist die feministische Dimension von Toiletten, denn Pinkeln ist politisch und würde sich sicher wunderbar kulturanthropologisch betrachten lassen. 

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Die Karte von morgen


„Am Beispiel der Karte von morgen lassen sich kulturwissenschaftlich die Zukunftsentwürfe der Nutzer*innen und der Erfinder*innen der Karte analysieren. Dabei liegt bei diesem Beispiel ein besonderer Fokus auf Zukunftsentwürfen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Ressourcenverbrauch.

Konzipiert ist die Karte von morgen als interaktive Homepage. Akteur*innen können Einrichtungen als nachhaltigen Standort markieren und in Bezug auf ihr Gemeinwohl bewerten. Die Karte bietet bspw. die Möglichkeit, vor Ort ein Repair-Café, einen Unverpacktladen oder ein Gemeinschaftsgarten-Projekt zu finden. So würden Nutzer*innen, egal wo sie sich befinden, ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige Entscheidungen in ihrem alltäglichen Leben treffen können, ohne sich vorher die spezifischen Informationen von den unterschiedlichen Webseiten der Unternehmen und Initiativen zusammenzusuchen, so die Idee der Erfinder*innen der Karte. Diese Welt von morgen ist mit der Karte an bestimmte Vorstellungen der Initiator*innen gebunden. Wann ist denn ein Ort „von morgen“? Welche Voraussetzungen muss dieser erfüllen? Wie wird die „Welt von morgen“ auf der Karte dargestellt und wie werden dabei Vorstellungen einer spezifischen Zukunft erzeugt.

Gana Dresen, Isabel: Die Karte von morgen. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 110–113.

Bildnachweis: Karte von morgen.
Foto: Ann-Kristin Reinkenhof

Isabel Gana Dresen

studierte im Bachelor an der Universität Freiburg Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Politikwissenschaften. In ihrer Bachelorarbeit analysierte sie ein Gerichtsverfahren hinsichtlich der Aushandlungsprozesse von Landrechten der Sámi in Schweden. Politische Anthropologie und Rechtsanthropologie beschäftigen sie auch in ihrem Masterstudium. Diese Interessen verfolgt sie unter anderem in ihrem Text zu Atomwaffen und verpackt ihre Kritik an der Gesamtsituation stets in einem charmanten Lachen. Während ihres Bachlorstudiums war sie an der Publikation „SIGHTSEEING | SIGHTFLEEING: Experimente ethnografischer Tourismusforschung“ maßgeblich mitbeteiligt.

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Pelz – ein aussterbender Trend?


„Wenn Sie in einen Pelz reinschlüpfen, da sind Sie ein anderer Mensch“ – Interview mit Simone Berger, Kürschnermeisterin (2022).

Queen Elisabeth I., Greta Garbo, Marlene Dietrich, Pola Negri, Twiggy, Hannah Arendt und Jacky Kennedy – von diesen Frauen und vielen mehr sind modische Pelze in all ihren Facetten nicht wegzudenken. Pelz und weitere Materialien tierischen Ursprungs, wie Straußen- oder Marabufedern, Korallen und Perlen sowie Elfenbein waren über Jahrhunderte untrennbar mit u. a. der europäischen Damenmode verknüpft und für viele gutbetuchte Träger*innen unverzichtbar. Auf den unermesslichen Boom der Pelzindustrie in den 20er, 30er, 60er und 70er Jahren folgte endgültig in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts ein immenser Imageeinbruch. Pelzmode wurde nach und nach zum „turn off“, wie es in einem Artikel der amerikanischen Vogue 1994 heißt: „From every woman’s dream to the stuff controversy is made of […]”. Das Wissen über tierisches Empfinden, das Hinterfragen von Mensch-Tier-Beziehungen, akribische Kampagnenarbeit von Tierschutz- und -rechtsorganisationen und nicht zuletzt Zoonosen, wie Ausbrüche von SARS-CoV-2 auf Nerzfarmen in Dänemark 2020, erschweren seit Jahren die gesellschaftliche Akzeptanz von Pelzmode in Deutschland. Wie sieht also die Zukunft von Pelz und anderen Materialien tierischen Ursprungs in der Textil- und Kleidungsindustrie aus?

Reinkenhoff, Ann-Kristin: Pelz – ein aussterbender Trend? In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 114–127.

Literaturnachweis im Abstract oben: Menkes, Suzie (1994): Is There a Future for Fur?. In: Vogue, 8, 1994, 280.

Gefärbter Nerzmantel der Luxusmarke Dior aus den 1980er Jahren. Bildnachweis: Jürgen Hoffmann, LVR-Industriemuseum

Bildnachweis auf Kachel: Ann-Kristin Reinkenhoff, privat
Foto: Isabel Gana Dresen

Ann-Kristin Reinkenhoff

ist die Textilerin der Gruppe. Ihre Vintage-Outfits plant sie fast so gerne wie die Zukunft und dank ihrem Kalender hat sie immer den Überblick. Im Bachelor studierte sie an der TU Dortmund Kultur- und Literaturwissenschaft, Kulturanthropologie des Textilen und Geschichtswissenschaften sowie an der Universität Oldenburg Materielle Kultur: Textil. Ihre Bachelorarbeit drehte sich um textile Kreislaufwirtschaft und die Altkleidersammlung per Paket.

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Die Eintrittskarte – Ein Zukunftsgegenstand?

Eintrittskarten haben den primären Zweck, der Person, welche sie besitzt, Zugang zu einer bestimmten Veranstaltung zu verschaffen. Doch der Zeitraum, in welchem sie diesen Zweck erfüllt, ist im Grunde relativ kurz. Der Moment der Kartenkontrolle dauert meist nicht länger als wenige Sekunden. In manchen Fällen wird die Zugangsberechtigung im Anschluss daran noch bis zum Ende der Veranstaltung gebraucht, aber selbst wenn diese mehrere Stunden oder gar Tage andauert, ist das Leben der Eintrittskarte als solche doch ein kurzes. Dies ändert sich jedoch, wenn man ihm einen größeren Betrachtungsrahmen zu Grunde legt. Dann wird deutlich, dass eine Eintrittskarte durchaus mehr ist, als die bloße Erlaubnis, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu sein. Sie unterliegt transformativen Prozessen, in deren Zusammenhang ihr von ihren Besitzer*innen wechselnde Bedeutung zugeschrieben werden kann – mitunter wird die Eintrittskarte dabei zu einem Zukunftsobjekt.

Bednorz, Thomas: Die Eintrittskarte – Ein Zukunftsgegenstand? In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 146–147.

Bildnachweis: Isabel Gana Dresen, privat
Foto: Isabel Gana Dresen

Thomas Bednorz

studierte in Würzburg Europäische Ethnologie und Political & Social Studies. Seine Bachelorarbeit verfasste er zur Rezeption von Politik im Sport durch Fußballfans. Außerhalb der Forschung mag es der schonungslose Optimist laut und bunt, dennoch oder gerade deswegen skandiert er gerne einmal: „No Future!“ In seiner Kindheit glaubte er lange Zeit, eines Tages Naturwissenschaftler zu werden, was sich letztlich als Fehlprognose herausstellte. Sein Ärger darüber hält sich jedoch in Grenzen, denn alles, was ihn fasziniert, lässt sich mindestens genauso gut kulturwissenschaftlich erforschen. 

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Kryonik. Die Hoffnung auf ein weiteres Leben nach dem Tod

Wie wäre es, hunderte Jahre nach dem eigenen Tod wieder zum Leben erweckt zu werden und die Zukunft am eigenen Leibe mitzuerleben? Eine Vorstellung, die für viele nach reiner Fiktion klingt, ist für Anhänger*innen der Kryonik die Hoffnung auf ein verlängertes beziehungsweise weiteres Leben in ferner Zukunft. Nach dem Tod lassen die so genannten Kryoniker*innen ihren Körper oder das Gehirn einfrieren, um mithilfe zukünftiger Technik wieder zum Leben erweckt zu werden. Jedoch sprechen Kryoniker*innen nicht von einem Wiederbeleben, sondern davon, den Sterbeprozess durch das Konservieren des Körpers zu pausieren. Welche Hoffnungen und Erwartungen an die Zukunft zeigen sich in diesem Kontext? Was bedeutet es für das alltägliche Leben, sich auf eine bevorstehende Kryonisierung vorzubereiten? Von Kritiker*innen heißt es, dieses Verfahren könne nicht funktionieren – zum derzeitigen Zeitpunkt tut es das auch noch nicht. Kryoniker*innen aber blicken optimistisch in die Zukunft und hoffen auf eine entsprechende technische und medizinische Weiterentwicklung.

Schrödl, Nadine: Kryonik. Die Hoffnung auf ein weiteres Leben nach dem Tod. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 128–137.

Kryonisierung von Stammzellen in flüssigem Stickstoff. Bildnachweis: Ufficio Comunicazione, Azienda Ospedaliera SS. Antonio e Biagio e Cesare Arrigo, Alessandria, Biblioteca Biomedica Centro di Documentazione – Image from Azienda Ospedaliera SS. Antonio e Biagio e Cesare Arrigo, Alessandria, Italy, CC BY-SA 4.0.
Foto: Isabel Gana Dresen

Nadine Schrödl

absolvierte ihren Bachelor im Fach Empirische Kulturwissenschaft/Europäische Ethnologie an der LMU in München. Die Corona-Pandemie inspirierte sie zu ihrer Bachelorarbeit, die sich mit dem Thema Homeschooling in Bezug auf wachsende Ungleichheiten von Schüler*innen befasste. Um immer auf Nummer sicher zu gehen, hat sie meist einen Regenschirm dabei.

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Konserviert für die Zukunft. Die Zeitkapsel

In Zeitkapselprojekten wird versucht, die heutige Gegenwart für die zukünftige Nachwelt darzustellen. Aber was wird in der Zukunft überhaupt von Interesse sein? Individuelle Utopien, Zukunftsszenarien, die heute aktuell sind, oder einfach Darstellungen davon, wie Menschen ihren Alltag in der jeweiligen Gegenwart leben und was uns als Gesellschaft beschäftigt? In diesem Beitrag werden unterschiedliche Formate und Zielsetzungen von Zeitkapseln sowie deren konkreter Zukunftsbezug vorgestellt. Die Inhalte oder die Botschaften von Zeitkapseln machen deutlich, dass eine Auseinandersetzung mit der Zukunft immer auch eine Auseinandersetzung mit der Gegenwart ist. Was soll mit dem Erstellen einer Zeitkapsel bezweckt, was be- oder verwahrt und an was oder wen sollen Nachfahren erinnert werden? Vorgestellt werden zum einen Zeitkapseln, in denen etwas zum Erhalt und Schutz verwahrt wird und die in der Gegenwart als politisches Projekt oder kritische Intervention wirken sollen und deren Botschaft stärker auf das Hier und Jetzt ausgerichtet sind. Zum anderen gibt es Zeitkapseln, die individuelle oder gesellschaftliche Einschätzungen von der Jetzt-Zeit, von Visionen, Wünschen und Hoffnungen, aber auch Ängsten, Szenarien oder Prognosen zeigen, die es zu vermeiden oder aufzuhalten gilt. Wie Zeitkapseln auch, möchte der Artikel zum Nachdenken anregen. Was erscheint uns in der Gegenwart als so wichtig oder bedeutungsvoll, dass wir es in eine Zeitkapsel tun würden? Wie soll sich unsere Nachwelt an uns erinnern und welche Botschaften möchten wir der Zukunft mitteilen?

Erdrich, Julia Henriette: Konserviert für die Zukunft. Die Zeitkapsel. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 136–145.

Eingang zum Saatgut-Tresor auf Svalbard Bildnachweis: Subiet – Own work, CC BY-SA 4.0.
Foto: Isabel Gana Dresen

Julia Henriette Erdich

studierte von 2018­–2021 im Bachelor Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Katholisch-Theologische Studien an der Universität in Freiburg. Ihre Bachelorarbeit verfasste sie zum Thema „Begonie, Buchs und Bodendecker: Friedhofsgärtner*innen bei der Arbeit­ – eine kulturanthropologische Betrachtung“. Ihre Interessensgebiete umfassen neben der Sepulkralkultur die Bedeutung und Wahrnehmung der monotheistischen Religionen in unserem Alltag sowie die Medizinethik und -anthropologie. Diese Grenz- und Übergangsbereiche, die sich in den Themengebieten Geburt, Sterben und Tod untersuchen lassen, finden sich auch in ihren Texten zu Nabelschnurblut, Testament und Erben wieder.

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Retro- und Astrofuturismus. Von vergangener Zukunft

Das Leben auf anderen Planeten, Raumstationen oder gar die Kolonisierung des Alls sind und waren nicht nur gängige Motive in Film und Literatur, sondern auch in der Wissenschaft. Vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Zukunft der Menschheit und des Alls als eine enorm technisierte und utopische Zukunft imaginiert. Wie aber imaginiert der sog. Retrofuturismus, also die vergangene Vorstellung von Zukunft, die Zukunft der Menschheit im All? Bezugnehmend auf Retrofuturismus als Phänomen in verschiedenen Feldern wie Architektur, Musik, Literatur, Film, Kunst und Mode diskutiert der Text kritisch, wie und aus wessen Position Zukunft dargestellt wurde. In einer vergleichenden Analyse von Quellen aus den 1970er Jahren, die von der und für die NASA angefertigt wurden, argumentiert der Text, dass astrofuturistische Ideen aus dieser Zeit vor allem Zeugnisse eines hegemonialen und konservativen Weltverständnisses sind. Bezugnehmend auf die Critical Race und Gender Studies ordnet der Text diese Ideen problematisierend und kritisch ein und fordert, dass retrofuturistische Quellen weniger als universelle Zukunftsimaginationen, sondern eher als Zeugnisse ihrer Entstehungszeit gesehen werden sollten.

Tohidi Sardasht, Julia: Retro- und Astrofuturismus. Von vergangener Zukunft. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 148–153.

Blick ins Innere einer Weltraumkolonie in einem sogenannten Stanford-Torus. NASA Ames Research Center. Bildnachweis: NASA Ames Research Center, Rick Guidice, NASA ID Number AC75-1086-1 .
Foto: Isabel Gana Dresen

Julia Tohidi Sardasht

studierte am Leiden University College den interdisziplinären Studiengang Human Diversity. Sie verfasste ihre Bachelorarbeit zu Identitätskonstruktionen von Menschen mit Migrationshintergrund im heutigen Deutschland. Weitere Interessensschwerpunkte ihrer Forschung sind Geschlecht und Identität, Stadtentwicklung und archivalische Praktiken. Sie publizierte während ihres Bachelors zu Fluidität und Liminalität von Geschlecht.

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Was bleibt? Mit Testament und Erbe die Zukunft regeln

Testament und Zukunft – eine widersprüchliche Verknüpfung? Was hat der sogenannte ‚letzte Wille‘ mit der Zukunft zu tun, impliziert der schriftlich fixierte Nachlass doch etwas Abschließendes, Endgültiges. Wenn man sicher gehen möchte, wer von eigenen Nachfahren oder Angehörigen etwas aus dem persönlichen Vermögen, Immobilien oder wertvolles Porzellangeschirr erben soll (oder eben nicht), muss sich zwangsläufig noch zu Lebzeiten dem heiklen Thema des Vererbens stellen. Wer wird nach meinem Tod wie mit meinem Geld umgehen, wer soll entgegen der gesetzlichen Erbfolge auf gar keinen Fall etwas bekommen? Das Verfassen eines Testaments kann als Antizipation von Zukunft interpretiert werden, als eine Bewältigungsstrategie mit dem unumgänglichen Ende. Das Testament ist ein wirkmächtiges Zukunftsobjekt – aus ihm ergeben sich Zukunftspraktiken, die nicht immer konfliktfrei sind.

Erdrich, Julia Henriette: Was bleibt? Mit Testament und Erbe die Zukunft regeln. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 154–157.

Foto: Isabel Gana Dresen

Julia Henriette Erdich

studierte von 2018­–2021 im Bachelor Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Katholisch-Theologische Studien an der Universität in Freiburg. Ihre Bachelorarbeit verfasste sie zum Thema „Begonie, Buchs und Bodendecker: Friedhofsgärtner*innen bei der Arbeit­ – eine kulturanthropologische Betrachtung“. Ihre Interessensgebiete umfassen neben der Sepulkralkultur die Bedeutung und Wahrnehmung der monotheistischen Religionen in unserem Alltag sowie die Medizinethik und -anthropologie. Diese Grenz- und Übergangsbereiche, die sich in den Themengebieten Geburt, Sterben und Tod untersuchen lassen, finden sich auch in ihren Texten zu Nabelschnurblut, Testament und Erben wieder.

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War früher alles besser? Die Ultraszene und die Zukunft des Fußballs

Der Fußball unterliegt wie jedes kulturelle Phänomen stetigen Veränderungen. In diesem Prozess transformiert er sich sowohl linear als auch zyklisch. Saisons und Transferperioden beginnen, enden und folgen in einem meist stabilen Rhythmus aufeinander. Für viele Fußballfans wirken sie sich strukturierend auf das eigene Leben aus. Gleichzeitig wechseln Spieler*innen ihre Vereine, Sponsoring-Verträge werden abgeschlossen und das Regelwerk angepasst. Derartige Abläufe kehren nicht wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück, sondern verlaufen geradeaus einer unbestimmten Zukunft entgegen. Aufgrund der damit einhergehenden Entwicklungen erleben Fußballfans zwar weiterhin, dass Spiel auf Spiel und Saison auf Saison folgt, doch es findet gleichzeitig eine Veränderung der Umstände statt, unter welchen dies passiert. Da Fußballfans keine homogene Masse sind, sondern es unter ihnen stark variierende und zum Teil auch konkurrierende Gruppen gibt, werden diese Entwicklungen unterschiedlich verhandelt. Eine medial besonders präsente Spielart der Fußballfankultur ist jene der Ultras. Sie gelten als äußerst treue und aktive Anhänger*innen ihrer jeweiligen Vereine. Gleichzeitig zählen sie zu den schärfsten Kritiker*innen aktueller Trends im Fußball, die despektierlich als Kommerzialisierung bezeichnet werden. Doch wie verhandeln Ultras ihre Position in diesem Spannungsfeld aus aktivem Engagement und hoher Identifikation innerhalb eines Systems, dessen Ausprägungen sie gleichzeitig oft ablehnen? Wie sehen sie die Zukunft des Fußballs und wie leiten sie daraus Legitimationen für ihr eigenes Handeln ab?

Bednorz, Thomas: War früher alles besser? Die Ultraszene und die Zukunft des Fußballs. In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 158–163.

Bildnachweis: Werner100539, CC BY-SA 3.0,
Foto: Isabel Gana Dresen

Thomas Bednorz

studierte in Würzburg Europäische Ethnologie und Political & Social Studies. Seine Bachelorarbeit verfasste er zur Rezeption von Politik im Sport durch Fußballfans. Außerhalb der Forschung mag es der schonungslose Optimist laut und bunt, dennoch oder gerade deswegen skandiert er gerne einmal: „No Future!“ In seiner Kindheit glaubte er lange Zeit, eines Tages Naturwissenschaftler zu werden, was sich letztlich als Fehlprognose herausstellte. Sein Ärger darüber hält sich jedoch in Grenzen, denn alles, was ihn fasziniert, lässt sich mindestens genauso gut kulturwissenschaftlich erforschen. 

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Dystopien. Wo wollen wir nie hinkommen?

Von literarischen Klassikern wie 1984 von George Orwell bis hin zu filmischen Produktionen wie Die Tribute von Panem oder The Handmaid‘s Tale – das Genre der Dystopie umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher Zukunftsszenarien. Die dort dargestellten Zukünfte haben eines gemein: Sie gelten als nicht erstrebenswert bis hin zu beängstigend. Doch gleichzeitig sind Menschen von ihnen fasziniert. Die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Eva Horn fasst solche Erzählungen als Katastrophen, die durch die fiktionale Darstellung in greif- und erfahrbare Gestalt gebracht werden. Besonders populär scheinen sie in Momenten gesellschaftlicher Unsicherheit. So stieg beispielsweise nach der Wahl von Donald Trump in den USA der Absatz von dystopischer Literatur signifikant. Und nach dem Urteil des obersten US-Gerichtes, das das landesweit geltende Recht auf Schwangerschaftsabbruch abschaffte, erlangte The Handmaid’s Tale neue Relevanz. Aber was steckt hinter Dystopien? Der Artikel zeigt durch einen kleinen Ausschnitt ins Feld, welche Funktionen Dystopien bei der Auseinandersetzung mit Zukunft haben können.

Bächle, Sabrina: Dystopien. Wo wollen wir nie hinkommen? In: Tauschek, Markus (Hg.): Zukunftsentwürfe. Ein kulturwissenschaftliches Panorama. Freiburger Studien zur Kulturanthropologie. Münster 2023, S. 164–167.

Bildnachweis: 1000 Words/shutterstock.com
Foto: Isabel Gana Dresen

Sabrina Bächle

studierte an der Evangelischen Hochschule in Freiburg Soziale Arbeit. In ihrer Bachelorarbeit analysierte sie den öffentlichen Diskurs zum Thema Seenotrettung anhand des Falles von Carola Rackete. Mit dem B.A. in der Tasche und dem Beginn der Corona-Pandemie widmete sie sich der botanischen Aufwertung ihrer WG und der permanenten Hautbemalung ihrer Freund*innen. Ein Thema, zu dem sie in Zukunft gerne noch forschen möchte, ist die feministische Dimension von Toiletten, denn Pinkeln ist politisch und würde sich sicher wunderbar kulturanthropologisch betrachten lassen. 

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