Strom aus Mais, wie geht das denn? Wie eine nachhaltige Stromerzeugung möglich sein kann und wie sich diese im Arbeitsalltag des Landwirts Simon Schmidt verwirklicht.
Eine folgenschwere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zeigt sich nicht zuletzt an den explodierenden Kosten für Strom und Gas, die insbesondere durch die Inflation und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht wurden. In Anbetracht der anhaltenden Energiekrise, jedoch auch in Hinblick auf die Einhaltung der Klimaziele, treibt die Bundesregierung die Suche nach Alternativen zu fossiler Energiegewinnung voran. Dabei legt die Politik einen verstärkten Fokus auf erneuerbare Energien. Neben Windrädern und Solaranlagen sind Biogasanlagen in der Ökostrombranche von besonderer Relevanz. In der Biogas-Gäranlage werden dabei organische Materialien wie Biomasse oder Abfälle durch anaerobe Vergärung in Biogas umgewandelt. Das Biogas besteht hauptsächlich aus Methan und Kohlendioxid und kann zur Erzeugung von Wärme, Strom oder als Kraftstoff genutzt werden.
Der entscheidende Vorteil von Biogas als erneuerbare Stromquelle gegenüber Wind- und Solarenergie zeigt sich in der Unabhängigkeit der Gäranlagen von wechselnden Wetterverhältnissen. Nachwachsende Rohstoffe können daher entscheidend zum Ersatz fossiler Ausgangsstoffe beitragen. Ein schwerwiegender Nachteil beim Biogas mag dabei jedoch nicht ungeachtet bleiben: die Ressourcen, die für die Verwertung benötigt werden. Denn nicht nur Restprodukte der Landwirtschaft wie Gülle und Mist landen als Biomasse in den Anlagen, sondern auch essbarer Mais oder Getreide.
Biogasanlage am Heidenhof: gelebte Bioökonomie
Der Weg von einer Erdöl- hin zu einer kreislaufbasierten Energiegewinnung ist nicht erst seit der aktuellen Energiekrise ein Thema im Blickfeld der Politik. Die Transformation hin zu einer Marktwirtschaft, in der fossile Ressourcen durch verschiedene nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden, macht sich die Politik der Bundesregierung seit einigen Jahren zum Thema. Bioökonomie lautet das Schlagwort. Familie Schmidt betreibt auf ihrem Heidenhof in Baden seit einigen Jahren eine Biogasanlage. Im Jahr 2017 liefern sie beinahe ein Drittel der Energie für die Nahwärmeversorgung des Ortes.1 Zum Arbeitsalltag gehört dabei neben der Versorgung der Rinder, auch das Füttern der Biogasanlage. Der Futtermischer der Biogasanlage (siehe unten) wird dabei mit den Energielieferanten Mais, Getreide oder Mist versorgt.
Jedoch hat nicht nur der ökologische Aspekt die Familie dazu bewegt eine Gär-Anlage zu installieren, wie Simon Schmidt in einem Interview erzählt:
„Wir waren ziemlich früh dabei, als die Biogasanlage gebaut wurde, in den ersten Jahren. Zu der Zeit war der Mais eigentlich nichts mehr wert und die Ernten waren auch schon schlecht. Da haben wir gesagt, nein, wir brauchen einfach eine Alternative zum normalen Marktfruchtbau, also zum direkten Verkauf von Mais. Und das war sozusagen ein neues Standbein für uns.“[2]
Doch nicht nur die klimatischen Veränderungen und schlechte Ernten beeinflussen den Arbeitsalltag des Landwirts. Schmidt bewertet in einem Interview den Diskurs zur Energiekrise aus seiner Perspektive:
„Also, zum Beispiel bei Biogas wird momentan viel über Gas- und Energiemangel diskutiert, aber Biogasanlagen werden dabei komplett außenvorgelassen, das interessiert niemanden. Es verändert sich momentan überhaupt nichts. Man könnte zum Beispiel wieder mehr Förderung für Biogas fordern, den Fokus darauflegen, aber so etwas passiert nicht. Das ist schon etwas, was viele Leute aufregt.“[3]
Die Biogasanlage am Heidenhof in Baden ist ein Beispiel für gelebte Bioökonomie. Angesichts der aktuellen Diskussionen über Energiemangel und die Notwendigkeit einer Transformation hin zu nachhaltigeren Energiequellen zeigt die Familie Schmidt mit ihrer Biogasanlage, wie sie aktiv zur Energieversorgung ihres Ortes beiträgt. Dass dieses Unterfangen auch immer wieder Konjunkturen unterliegt, macht der Landwirt in seinen Aussagen deutlich. Wenn Simon Schmidt angibt, dass sein Hof sich vor dem Hintergrund einer schlechten Ernte und sinkenden Maispreisen zu einer Biogasanlage entschlossen hat, ist diese Erfahrung ausschlaggebend für die daraus abgeleitete Erwartung einer problemhaften Zukunft – und dem Versuch mit dieser lösungsorientiert umzugehen. Dass diese Dringlichkeit zu handeln auch aus dem Blick geraten kann bzw. sich verschiebt, wenn andere krisenhafte Momente auftauchen, stellt Simon Schmitt heraus, indem er eine gegenwärtige Stagnation politischer Förderungen anspricht. Bioökonomische Transformationen sind damit immer auch abhängig von aktuellen Kontexten sowie den daraus resultierenden individuellen, aber auch kollektiven Vorstellungen einer mal näheren, mal ferneren Zukunft.
1 Vgl. Badische Zeitung: Landwirt wird Energiewirt [12.04.2017]. Online verfügbar unter: https://www.badische-zeitung.de/landwirt-wird-energiewirt–135592594.html (Stand 03.05.2023).
2 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.
3 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.