Heiß, heißer, August 2022. Die Hitze des Sommers machte nicht nur uns Menschen, sondern auch der Natur zu schaffen. Der Klimawandel und die einhergehenden Wetterverhältnisse verändern obendrein die Böden und die Anbauflächen in Deutschland. Wie gibt Landwirt Simon Schmidt mit Pilotprojekten neuen Kulturen eine Chance auf dem Acker?

Staubtrocken. So könnte man das von Simon Schmidt im August aufgenommene Bild in einem Wort zusammenfassen. An jenem heißen Sommertag bearbeitete der Landwirt den Boden seiner Anbaufläche nach der Ernte. Die Trockenperiode des vergangenen Sommers zwang den Landwirt dazu, den Mais auf seinen Feldern bereits zwei Monate früher als üblich abzuernten.

Familie Schmidt betreibt auf ihrem Heidenhof in Baden seit einigen Jahren eine Biogasanlage. Im Jahr 2017 lieferte sie beinahe ein Drittel der Energie für die Nahwärmeversorgung des Ortes.1 Für die Energiegewinnung nutzt der Hof Biomasse aus Reststoffen wie Gülle und Mist. Zusätzlich baut die Familie aber noch gezielt Energiepflanzen wie Mais auf ihren Feldern an. Das Jahr 2022 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Der Sommer war geprägt von intensiven Hitzewellen und andauernden Trockenphasen. Meteorologische Langzeitdaten des Deutschen Wetterdienstes bestätigen, dass die Häufigkeit von extremen Wetterereignissen, die durch den Klimawandel verursacht werden, in den letzten Jahren drastisch zugenommen hat.2 Die massiven Auswirkungen der Trockenperiode zeigen sich besonders in der Landwirtschaft. In vielen Regionen haben schwache Niederschläge die Erträge verringert, insbesondere bei Sommerkulturen wie Mais.

Pilotprojekte im Kampf gegen den Klimawandel

Als eine der größten Herausforderungen im Arbeitsalltag beschreibt Simon Schmidt den Anpassungsdruck, der mit diesen neuen klimatischen Bedingungen einhergeht. Eine mögliche Strategie: den Anbau fremder Pflanzenkulturen ausprobieren. Pflanzenarten, die hierzulande wenig oder kaum Bedeutung haben, rückten in den vergangenen Jahren zunehmend ins Rampenlicht. So spricht Schmidt von einer Neuentdeckung der Sojabohne und deren Boom im landwirtschaftlichen Anbau. Bei der Energiegewinnung gilt die Durchwachsene Silphie (siehe Foto) als Hoffnungsträger.

Die Pflanze kann ein bis zu zwei Meter tiefes Wurzelwerk ausbilden, was sich positiv auf das Wasserhaltevermögen auswirkt. Sie gilt deshalb als besonders trockentolerant und könnte in Zukunft Mais als Ausgangsmaterial für Biogasanlagen ersetzen. In einem Testversuch baute Familie Schmidt die Durchwachsene Silphie, eine in Nordamerika beheimatete Pflanzenart, deshalb auf trockenen oder unförmigen Feldern an. Die Bilanz war jedoch eher ernüchternd: Die Silphiefläche war das erste Feld, das vertrocknete und deshalb außergewöhnlich früh abgeerntet werden musste. Ein Bonus beim Anbau der Silphie ist jedoch die Arbeitszeitersparnis. Simon Schmidt erzählt im Interview:

„Weil der Vorteil von der Silphie ist […], man sät das einmal und es wächst einfach jedes Jahr wieder neu hoch.“[3]

Auf seinen sechs Hektar käme er so mit „minimalem Arbeitsaufwand“4 zurecht. Ob sich der Anbau der Silphie auszahlt, gilt es für den Landwirt noch zu beurteilen:

„Das müsste man mal durchrechnen […]. Aber ich bezweifele, dass es sich so lohnt. […] Aber ja, sagen wir mal, wenn man jetzt Mais auf der Fläche anbaut, dann wäre er auch nicht gut, würde aber wahrscheinlich ein Drittel mehr Ertrag geben.“[5]

Pilotprojekte wie der Silphieanbau zeigen eine Transformationsdynamik: Landwirtschaftliche Betriebe sind insbesondere in Hinblick auf die klimatischen Veränderungen immer häufiger dazu gezwungen, zukunftsorientiert zu handeln und neue Wege zu begehen. Simon Schmidt erwartet, dass die Durchwachsene Silphie im kommenden Frühjahr wieder sprießt – Ergebnis offen.

1 Vgl. Badische Zeitung: Landwirt wird Energiewirt [12.04.2017]. Online verfügbar unter: https://www.badische-zeitung.de/landwirt-wird-energiewirt–135592594.html (Stand 03.05.2023). 
2 Vgl. Deutscher Wetterdienst: Faktenpapier zu Extremwetter in Deutschland aktualisiert. Online unter: https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/aktuelle_meldungen/210922/Faktenpapier-Extremwetterkongress.html (Stand 03.05.2023).
3 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.
4 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.
5 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.

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Traubentrester, Schnittgut, Kuhmist – Abfallprodukte, die in der Biogasanlage ein zweites Leben finden. Bioökonomische Praktiken setzen auf innovativebiobasierte Rohstoffe in Form von Reststoffen oder alternativen Pflanzen wie Soja und Silphie. Deren Ressourcencharakter muss von den Landwirt:innen allerdings erst in einem Prozess der Wertzuschreibung erkannt und anschließend realisiert werden. Dafür sind – auch das zeigen unsere Forschungen – (neu geschaffene) Infrastrukturen sowohl auf dem jeweiligen Hof als auch in Kooperation mit anderen Beitrieben notwendig.

Landwirtschaft bedeutet auch, zu planen und mit der Zukunft umzugehen. Vor dem Kontext anhaltender Trockenzeiten, Lieferengpässen und steigender Preise kann die Zukunft jedoch angstbesetzt sein und von den Akteur:innen als unsicher wahrgenommen werden. Interventionen in der Gegenwart sollen dem entgegenwirken und das Kommende kontrollierbarer machen – als ein solcher Steuerungsversuch lassen sich auch bioökonomische Bestrebungen kategorisieren. 

Heidenhof

Ein kleiner Familienbetrieb im Freiburger Umland – bewirtschaftet von Simon Schmidt und seinen Eltern. Mit einer Biogasanlage erzeugen sie dort Strom und Wärme für viele umliegende Haushalte. Ein Landwirtschaftsbetrieb, der die Felder farbenfroh erblühen lässt und der Rinder großzieht: Willkommen auf dem Heidenhof in Teningen!

Dank des Projekts durften wir Simon Schmidt besuchen und viel von seinem Arbeitsalltag lernen. In unseren Essays erfahrt ihr mehr!

Der Heidenhof:

  • in Teningen
  • Landwirtschaft mit Rinderzucht
  • Familienbetrieb
  • Stromerzeugung mit Biogasanlage

Mehr über den Heidenhof