Was man hier sieht? – Senf! Und Ölrettich!

Und weshalb werden sie einfach wieder in den Boden eingearbeitet? – Weil die Pflanzen nicht angebaut werden, um davon etwas zu ernten!

Und warum baut man diese dann an? – Tja. Dafür wenden wir uns doch mal an Simon Schmidt!

Simon Schmidt ist ein 25-jähriger Landwirt aus Südbaden. Gemeinsam mit seinen Eltern unterhält er den Heidenhof, welcher sich zum einen der Rindermast, zum anderen dem Ackerbau und einer Biogasanlage widmet. Für die Biogasanlage bauen sie Getreide und Mais an. Diese werden, nachdem sie den Sommer über gewachsen und bei Ausreife gedroschen wurden, der Biogasanlage zugeführt, die daraus, zusammen mit dem anfallenden Rindermist, Gas entstehen und damit Strom gewinnen lässt. Doch was genau spielt sich auf den Feldern in der Zwischenzeit ab, in der kein Mais oder Getreide darauf wächst? – Entweder sie werden direkt wieder eingesät oder sie liegen für eine Weile brach.

Die Fruchtbarkeit des Ackerbodens ist zentral, wenn es um das Wachstum und die Beschaffenheit der Pflanzen geht. Manche Landwirt:innen nutzen für die Erhaltung eines nährstoffreichen Bodens Mineraldünger. Vor allem Stickstoff ist ein zentraler Bestandteil des Düngers. Auch Phosphor und Kali sind wichtig. Simon Schmidt jedoch geht anders an die Sache heran: Er nutzt die in der Biogasanlage anfallenden Gärreste als Stickstoffdünger und baut auf den abgeernteten Feldern sogenannte Zwischenfrüchte an. Diese werden, nachdem sie herangewachsen sind, dem Feld nicht abgetragen, sondern mit der oben im Bild zu sehenden Maschine, einer sogenannten Scheibenegge, in den Boden eingearbeitet.

Doch wozu der ganze Aufwand? – Die Zwischenfrucht kann verschiedene Eigenschaften haben. Ist es eine Leguminose wie z.B. Wicken, so zieht sie den Stickstoff aus der Luft und bringt ihn in den Boden, wodurch es also zu einer Stickstoffanreicherung kommt, die für die im Anschluss auf dem Feld wachsenden Pflanzen sehr wertvoll ist. Auch andere Zwischenfrüchte (die keine Leguminosen sind) haben positive Auswirkungen auf den Boden. Senf und Ölrettich etwa, wie sie von Simon Schmidt angebaut werden, binden zwar keinen Luftstickstoff im Boden, sorgen aber dafür, dass der Acker die Wintermonate über nicht brach liegt und halten somit Nährstoffe, die im Boden enthalten sind, damit diese nicht ausgewaschen werden. So ist der Boden bei Starkregen davor geschützt, dass Teile abgetragen werden und wichtige Nährstoffe verloren gehen.

Dieses Praxiswissen und die positive Erfahrung mit dem Zwischenfrucht-Anbau wird seit mehreren Generationen auf dem Heidenhof fortgesetzt. Simon Schmidt führt mit dem Anbau von Zwischenfrüchten etwas weiter, was schon lange von seiner Familie in dieser Art praktiziert wird, setzt sich aber auch merklich von anderen Landwirt:innen ab, die das nicht tun:

„Mmh, ich glaub, ja also es war schon oft drin früher, ich weiß nicht genau, also wir machen’s auch schon sehr lang, aber es ist nicht Standard kann man mal sagen, es macht nicht jeder so ’ne Zwischenfrucht, weil das sind ja theoretisch einfach nur Kosten. Du musst die aussähen, musst Saatgut kaufen und hast im Endeffekt nichts Direktes davon. Weil du arbeitest die wieder ein […], also die wird einfach wieder in den Boden eingearbeitet. Man erntet da ja nichts davon.“[1]

Auch wenn mit dem Zwischenfruchtanbau dem ersten Anschein nach Kosten und Aufwand verbunden sind, spricht sich Simon Schmidt für diese Lösung aus. Stichwort: nachhaltige Bodenbewirtschaftung! Er sieht darin auch biologische Vorteile. Aus Gründen der Anpassung an den Klimawandel erachtet Simon den Anbau von Zwischenfrüchten als klug:

„Weil die Bodenstruktur schon besser ist. Dann hat der Boden auch ein höheres Wasserhaltevermögen zum Beispiel und dann hast du über einen längeren Zeitraum […] noch Wasser im Boden, bevor es ausgeht. Genau oder so eine Bodenbedeckung wie hier, das hält jetzt zum Beispiel auch die Nährstoffe im Boden. Sowas. Ich glaub das sind gute Maßnahmen eben, um den Klimawandel ein bisschen abzudämpfen.“[2]

Durch die tiefen Wurzeln der Zwischenfrüchte kann der Verdichtung des Bodens entgegengewirkt werden, was auch dessen Wasserkapazität fördert, erklärt Simon Schmidt. Und was natürlich auch nicht zu vergessen ist, wie der Landwirt betont:

„Die [Wicke, Anm. d. Verf.] blüht ziemlich schön. […] Das sieht immer richtig cool aus. Also das ist dann wirklich so ein ganzes Feld, was wirklich in lila oder entweder weiß einfach blüht, also ist schon cool dann.“[3]

Ästhetik, Bodenfruchtbarkeit und Schutz des Bodens gegen die Klimaextreme sind daher Aufgabe der Zwischenfrucht. Was für ein Multitalent!

1 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.
2 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.
3 Interview mit Simon Schmidt vom 14.11.2022.

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Was passiert im landwirtschaftlichen Alltag, wenn nicht mehr primär das Ökonomische, sondern auch das Ökologische zum Bezugspunkt der Praktiken wird? Oder ist die Auseinandersetzung mit ‚Natur‘ – etwa Pflanzen und Tieren – der Landwirtschaft sowieso inhärent? Landwirt:innen stehen in einem relationalen Verhältnis zu der sie umgebenden Umwelt: Das Sorgetragen für neu wachsende Fichten und Tannen sichert den eigenen wirtschaftlichen Ertrag, die stofflich nicht direkt verwertbare Haselnussplantage stabilisiert die Biodiversität und gibt Nährstoffe an den bewirtschafteten Ackerboden zurück. Die Vorstellung einer vermeintlichen Trennung von Mensch und Umwelt, von Kultur und Natur scheint hier aufgehoben.

Heidenhof

Ein kleiner Familienbetrieb im Freiburger Umland – bewirtschaftet von Simon Schmidt und seinen Eltern. Mit einer Biogasanlage erzeugen sie dort Strom und Wärme für viele umliegende Haushalte. Ein Landwirtschaftsbetrieb, der die Felder farbenfroh erblühen lässt und der Rinder großzieht: Willkommen auf dem Heidenhof in Teningen!

Dank des Projekts durften wir Simon Schmidt besuchen und viel von seinem Arbeitsalltag lernen. In unseren Essays erfahrt ihr mehr!

Der Heidenhof:

  • in Teningen
  • Landwirtschaft mit Rinderzucht
  • Familienbetrieb
  • Stromerzeugung mit Biogasanlage

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